Harald Vilimsky: Unser Ziel ist der Schutz Österreichs vor weiterer illegaler Migration
Bilden wir eine Koalition der Willigen
„Wann immer ich mit Freunden oder Teammitgliedern in Ungarn bin, sagen alle, dass es großartig ist. Jeder liebt das Land und Österreich genießt hier einen sehr hohen Stellenwert. Das Auseinanderdriften passiert also nur auf politischer Ebene, nicht in den Herzen der beiden Länder” sagte der österreichische Europaabgeordnete Harald Vilimsky, ehemaliger Generalsekretär der Freiheitlichen Partei Österreichs und Vizepräsident der Patrioten für Europa, gegenüber Demokrata.Ez az interjú magyarul is olvasható.
Interview von David Bencsik
Fotos von Gergely Vogt
Sie sind einer der spannendsten Politiker Österreichs. Ich kann Ihren Taser-Elektroschock-Test von 2008 nicht vergessen. Braucht Ihr Land nicht gerade jetzt eine starke Figur wie Sie in Wien?
Erstens, warum ich diesen Selbstversuch mit dem Taser durchgeführt habe? Das geht auf einen Abend zurück, den ich mit Vertretern der Polizei und Justizwache verbracht habe. Sie betonten, dass der Taser notwendig sei, um die Sicherheit zu gewährleisten. Die Polizeitrainer demonstrierten ihren Leuten selbst, wie das Gerät funktioniert, damit sie es verstehen. Da ich keine Angst vor solchen Dingen habe, sagte ich: Wenn die Polizeivertreter das machen, dann mache ich das auch. So kam es dazu. Ich habe viele Dinge ausprobiert, um neue Erfahrungen zu sammeln – vom Fallschirmspringen über Eistauchen bis hin zum Motorradfahren durch die Wüste. Das sind keine Fähigkeiten, in denen ich besonders gut bin, aber ich habe sie alle schon gemacht. Ob Österreich jemanden wie mich braucht? Österreich braucht eine neue Politik. Ich bin mit meiner Rolle im Europäischen Parlament sehr zufrieden und strebe aktuell keine neue Aufgabe an. Mein Ziel ist es, unsere Gruppe und Allianz weiter auszubauen. Ich möchte meinen Beitrag dazu leisten, dass wir in der westlichen Hemisphäre zunehmend an Einfluss gewinnen – von Budapest über Wien bis Washington.
Man erkennt Ihren Stil und Ihre Stimme im patriotischen Lager, die vielen Menschen gefallen. Sind Sie eine Art Extremsportler der Politik?
Nein, aber ich möchte auch nicht jemand sein, der Dinge nur verklausuliert und nicht zu greifen ist, in seinen Aussagen. Wenn eine Person scharfen Angriffen ausgesetzt ist – und das war bei Viktor Orbán der Fall – dann muss es auch erlaubt sein, sehr deutlich zu antworten.
Ist die Zeit des Klartextes gekommen? Zu lange wurde alles nur am Rande diskutiert, aber heutzutage hört man immer mehr klare Worte. Ist das eine neue Erscheinung in Brüssel?
Ich glaube schon, denn der Ärger im Allgemeinem gegenüber dem System – was das System repräsentiert – ist gestiegen. Aber genauso wie man zu weich, zu diplomatisch, zu glatt in seinen Formulierungen sein kann, genauso kann man auch zu hart sein. Ich glaube es ist auch eine Frage des klugen Umgangs: Wie hart kann ich sein, ohne eine Grenze zu überschreiten? Diejenigen mit einer härteren Sprache müssen darauf achten, nicht zu weit zu gehen.
Die ganze Welt beobachtet die intensive Aufbauarbeit von Präsident Trump. Wenn es der FPÖ gelingt, eine Regierung zu bilden, welche radikalen Veränderungen werden die ersten 100 Tage für Österreich bringen?
Der Unterschied zwischen Österreich und den USA – beziehungsweise zwischen Trump und einer möglichen Regierung in Österreich – liegt in der Entscheidungshoheit. Ein US-Präsident kann viele Maßnahmen direkt verfügen, während in Österreich langwierige Verhandlungen erforderlich sind. Ein Regierungswechsel in Österreich bedeutet zudem nicht, dass alle Beamten ausgetauscht werden. Sie bleiben im Amt, sodass politische Veränderungen oft nur schrittweise erfolgen. Unsere Politik muss sich in Verhandlungen durchsetzen, was ein aufwendigerer Prozess ist als das einfache Verfassen eines Dekrets, wie es Trump tun kann. Ein Beispiel: Wenn Trump sagt, es gibt nur noch zwei Geschlechter in den USA – nicht fünfzig, sechzig oder siebzig – dann setzt er diese Entscheidung sofort um. In Österreich gibt es derzeit sechs offizielle Geschlechter, auch unter einem konservativen Bundeskanzler und Innenminister. Eine Änderung müsste hier nicht nur politisch, sondern auch durch europäische Gerichtshöfe geprüft werden. Auch Entscheidungen wie der Austritt aus der WHO oder das Stoppen von UN-Beiträgen kann ein US-Präsident vergleichsweise schnell durchsetzen. In Österreich hingegen erfordert jede größere Reform einen breiten politischen Konsens. Während Trump lediglich im Repräsentantenhaus und Senat eine Mehrheit sichern muss, gestaltet sich der Prozess in Österreich aufgrund der Mehrparteienlandschaft und des aufwendigen demokratischen Systems deutlich komplizierter.
Was glauben Sie, was braucht Österreich zurzeit am dringendsten? Wenn es zu einer Wende kommt, was sollten die allerwichtigsten Maßnahmen sein, die Ihr Land jetzt braucht?
Unser vorrangiges Ziel ist es, Österreich vor weiterer illegaler Migration zu schützen. Personen, die sich ohne Aufenthaltsrecht hier aufhalten, müssen in ihre Heimat zurückgeführt werden. Es ist inakzeptabel, dass Hunderttausende sogenannte „U-Boote” in Österreich untertauchen. Wir haben täglich Probleme mit Messerstechereien, Vergewaltigungen und Bandenkriminalität, in Wien ist schon ein Messerattentat zu verzeichnen. Unsere gewachsene Kultur in Wien wird immer weiter zurückgedrängt und durch fremde Kulturen ersetzt, auch das ist nicht akzeptabel. Wir respektieren den Umstand, dass es Zuwanderung immer gegeben hat und wir erachten jeden Menschen als gleichwertig. Aber wir lassen uns nicht gefallen, dass Zuwanderer zu uns kommen, die beispielsweise davon überzeugt sind, dass Frauen einen geringeren Stellenwert in der Gesellschaft haben und dies auch in unsere Gesellschaft hineintragen wollen. Nein, das ist zum Beispiel ein Punkt, den wir nicht zulassen. Wir sind ein Kristallisationspunkt mitteleuropäischer Kultur in Wien und diesen Charakter wollen wir erhalten. Wir wollen uns nicht islamisieren lassen, wir wollen uns nicht arabisieren lassen und wir wollen uns nicht afrikanisieren lassen.
Für die Ungarn sind Österreich und seine Hauptstadt Wien seit Jahrzehnten ein Symbol für westliche Wohlfahrt, soziale und öffentliche Sicherheit sowie Wohlstand. In internationalen Rankings ist Budapest heute viel sicherer als Wien. Österreich steht, wie auch Deutschland, vor ernsten Problemen aufgrund der Massenmigration, vor allem von Muslimen, die das Leben, die Kultur, die Ruhe, das Funktionieren und die Zukunft des Landes völlig umgestalten. Kann Österreich ein sicheres, starkes und wirtschaftlich beneidenswertes christliches Land bleiben?
Wenn sich die Politik nicht ändert, sehe ich große Probleme. Ein Blick auf die Zahlen in den Grundschulen – oder Volksschulen, wie wir sie in Österreich nennen – zeigt, dass autochthone Kinder bereits mit sechs Jahren in der Minderheit sind. Je jünger die Jahrgänge, desto stärker setzt sich dieser Trend fort: Der Anteil autochthoner Kinder nimmt kontinuierlich ab, während der Anteil muslimischer Schüler dramatisch steigt. Wenn diese Entwicklung ungebremst weitergeht, wird Wien zunehmend multikulturell und könnte sich in eine Richtung entwickeln, die wir nicht wollen. Unsere politische Haltung ist klar: Wir treten für den Erhalt unseres christlich-jüdischen, abendländischen Erbes ein. Der Wähler entscheidet, ob er diesen Weg mit uns gehen will. Aktuell stärkt er uns und wir setzen uns dafür ein, dass dies auch in der politischen Umsetzung garantiert wird.
Es gab eine Zeit, in der unsere Länder eins waren. Nach dem Ausgleich von 1867 wurden wir gemeinsam zu einer bewunderten Macht auf europäischer Ebene, zur vollen Zufriedenheit beider Seiten. Leider haben sich unsere Beziehungen verschlechtert, die Länder sind auseinandergedriftet und sind auch heute nicht mehr wie gewünscht. Wenn Herbert Kickl Bundeskanzler werden sollte, können wir dann wieder zueinanderfinden? Wird es ein neues, gemeinsames österreichisch-ungarisches Kraftfeld geben? Ich glaube, jeder in Ungarn wünscht sich bessere Beziehungen zwischen unseren Ländern. Können wir hoffen, dass es eines Tages wieder ein starkes, gemeinsames Feld geben wird – eine österreichisch-ungarische Kooperation, vielleicht auf EU-Ebene, aber mehr als nur eine normale Nachbarschaft?
Von unserer Seite aus auf jeden Fall. Doch ich sehe das Auseinanderdriften nicht auf der Ebene der Bevölkerung, sondern auf der politischen Ebene. Die Fidesz-Partei hat das Gefängnis der Europäischen Volkspartei verlassen und steht nun mit uns in einer politischen Allianz, was natürlich den politischen Gegner der Fidesz, die Europäische Volkspartei, aggressiver macht. Ich erlebe auch, dass wir in Österreich derzeit eine Reform des österreichischen Rundfunks verhandeln. Es wird einfach Zeit, die Zwangsgebühren abzuschaffen, da die Programme oft nur Propaganda oder billige US-Serien bieten. Wenn wir sagen, wir wollen einen schlankeren, entpolitisierten ORF ohne diese US-Serien, ist das Gegenargument, dass man keine Reform der österreichischen Medienpolitik will. Die Reformforderungen werden blockiert – oft mit dem Verweis auf Viktor Orbán. Dabei war er in der Europäischen Volkspartei lange als verlässlicher, kluger und konsensfähiger Politiker bekannt. Nun wird er von der der österreichischen Volkspartei dämonisiert, was natürlich politisch belastend ist. Aber wann immer ich mit Freunden oder Teammitgliedern in Ungarn bin, sagen alle, dass es großartig ist. Jeder liebt das Land und Österreich genießt hier einen sehr hohen Stellenwert. Das Auseinanderdriften passiert also nur auf politischer Ebene, nicht in den Herzen der beiden Länder.
Im Jahr 2008 hat unsere Redaktion das Buch von Jörg Haider ‚Freiheit, die ich meine‘ in ungarischer Sprache veröffentlicht. Ich bin persönlich mit der Familie befreundet und es war ein großer Erfolg. Als er in seinem Buch über Ungarn spricht, war das zwar kritisch, aber wir haben verstanden, warum er so von uns spricht. Es scheint, dass Österreicher, besonders Politiker in Ihrem Lager, uns und auch Zentraleuropa verstehen. Der Gedanke der Integration der verschiedenen Geschwindigkeiten ist nichts Neues. Könnten Sie sich eine verstärkte zentraleuropäische Zusammenarbeit der Regionen vorstellen, ein wenig mehr als eine ganz normale nachbarschaftliche Beziehung? Österreich, Ungarn, Slowakei, Tschechien, Polen – diese zentraleuropäische Region scheint derzeit eine etwas größere Zukunftsperspektive zu haben und stärker industrialisiert zu sein als andere.
Ja, absolut. Es gibt fünf Szenarien für die Zukunft der Europäischen Union, die die EU selbst als mögliche Optionen nennt. Szenario eins wäre, dass alles bleibt, wie es ist, mit all den bestehenden Problemen. Szenario zwei ist eine Reduktion auf den Binnenmarkt. Szenario drei, auf das Sie anspielen, ist eine Art Koalition der Willigen, bei der nur die Staaten eine vertiefte Kooperation haben, die das auch wollen. Es gibt auch Szenarien, bei denen generell Kompetenzen von Brüssel zurück in die Parlamente der Mitgliedstaaten übertragen werden. Das letzte Szenario wäre die Evergreen-Vision der Union, eine total vergemeinschaftete Europäische Union. Ich halte die Koalition der Willigen für ein gutes Modell, besonders aus mitteleuropäischer Sicht. Aber ich könnte mir auch vorstellen, dass das Baltikum oder der Westen Europas gemeinsame Interessen entwickeln. Warum nicht? Wir sind dafür, dass jedes Land das Maximum an dem herausverhandeln kann, was es für gut hält, ohne dass eine Nomenklatur in Brüssel den 27 Mitgliedstaaten vorschreibt, was sie tun sollen. Das ist unser Konzeptfehler. Szenario vier, also das Zurückgeben von Kompetenzen an die nationalen Parlamente, oder die Koalition der Willigen in bestimmten Bereichen mit gleichzeitiger Absicherung des Binnenmarktes und der europäischen Kooperation, in Betracht zu ziehen, halte ich für eine sehr gute Idee. Jede dieser Ideen ist aktuell besser als der Status quo, denn schlechter als die aktuelle Situation in Brüssel ist, kann es kaum laufen.
Die amerikanischen Patrioten haben gerade ihr Land zurückerobert. Wie sieht es in Europa aus, besonders mit den Patrioten?
Ich bin auch viel in den USA unterwegs und sehe, wie dort die Städte und urbanen Zentren leider genau das Gegenteil erleben. Die großen Städte tendieren alle nach links, in Chicago etwa gibt es kaum noch andere politische Richtungen – die muss man mit der Lupe suchen. Im ruralen Bereich, ob in den USA oder in Europa, genießen diese europäische Parteien sehr viel Unterstützung aus der Bevölkerung. Was patriotische Kräfte tun sollten, ist, ihren Fokus wieder mehr auf die Städte zu legen und Lösungsansätze zu bringen, die auch dort mehrheitsfähig sind, damit die Städte nicht den Linken überlassen werden.
Wenn ich fragen darf: Gibt es etwas, das Sie uns über die Koalitionsverhandlungen erzählen können, was wir unseren ungarischen Lesern mitteilen dürfen?
Die Verhandlungen sind vergleichbar mit dem Bohren in sehr harte Bretter – eine Allegorie, die wir in Österreich verwenden. Es sind anstrengende und mühsame Gespräche, bei denen wir von unserem möglicherweise künftigen Partner erwarten, die Anerkennung unserer Position als Nummer eins zu akzeptieren. Zudem erwarten wir, dass man mit einem offenen Herzen auf unsere Inhalte eingeht und nicht an eingefahrenen Entwicklungen festhält.